Sonntag, 31. Juli 2005
believing in fortune, and fortune believing in lies
"Es wird Zeit, gute Vorsätze für das neue Lebensjahr zu formulieren, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks. Die Hauptstadtkatze legte sich auf den weichen Haufen von guten Vorsätzen der vergangenen Jahre und hörte zu. "Ich bin schon ziemlich weit gekommen in diesem Jahr, das muß man sagen. Aber da gibt es einiges, das noch zu tun, zu sagen und zu denken ist. Und manchmal denke ich an die Deadline, die ich mir gesetzt habe... weißt du, den Stichtag, an dem ich Bilanz ziehen werde und entscheide, ob es Tauben oder wieder Möven sein werden in Zukunft. Ich denke ganz unterschiedlich darüber, je nachdem was in mir siegt, der Zweifel oder die Hoffnung. Und wie findet man heraus, ob man sich nicht selbst belügt, bei den Zweifeln und bei der Hoffnung?" Die Hauptstadtkatze merkte, daß da noch viel Arbeit war, bis die guten Vorsätze überhaupt erst formuliert werden konnten. Wer wußte schon, zu welchen Vögeln die Reise gehen würde.

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Freitag, 29. Juli 2005
....for no one.....
"Und außerdem, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks nach einigem Nachdenken, "wer tröstet mich?"

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no words of consolation
"Ist es nicht seltsam, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks, "wie sprachlos einen der Wunsch zu trösten machen kann? Man sitzt vor jemandem, den man liebt, und sieht daß sein halbes Leben in Trümmern liegt, oder zumindest die Hälfte dessen, womit er seine Zeit verbracht hat, woran er geglaubt hat, was ihm Ziel und Kraft gegeben hat. Und man möchte ihn trösten, und man findet kein Wort, das ausdrückt, was man sagen will. Worte, die man bräuchte, müßten warm sein, aus dem Herzen nach oben auf die Zunge quellen und einhüllen können wie eine warme Decke, wie ein Sommerregen oder eine Umarmung. Man müßte diese Worte aus dem Bauch pflücken können und dann schützend in der Hand halten, wie man einen Vogel in der Hand hält, der aus dem Nest gefallen ist, so eine Höhle mit den Händen bauen, bis man die Worte braucht, und sie dann vorsichtig in die Hände dieses anderen Menschen legen. Sie müßten eine Hängebrücke bauen können wie über eine Schlucht, eine Zugbrücke wie über den Wassergraben einer Burg, sie müßten wie ein Regenbogen sein, der die Enden der Seelen miteinander verbinden kann, oder die Enden des Ichs oder wie auch immer man das nennen will, was die Menschen ganz tief im Innern wirklich ausmacht. Sie müßten über den Graben hinweghelfen, der um einen herum immer ist, wenn man sich bewußt wird, wie allein man auf der Welt eigentlich ist. Aber nein, man sitzt da und sagt gar nichts, versucht es nicht einmal, weil das Fehlen solcher Worte einem sogar den Versuch versagt. Ach Hauptstadtkatze, ich wünschte, wir könnten einfach unsere Gedanken in solchen Momenten auf die Reise schicken, als Essenz, als magische Tropfen, die auf die Haut des anderen tropfen und alles gut machen." Die Hauptstadtkatze sah Glückskeks an und verstand, wie immer. Katzen, und besonders Hauptstadtkatzen, werden mit solchen magischen Tropfen großgezogen.

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Samstag, 23. Juli 2005
enough already, world!
"Ich habs auf den Ohren, Hauptstadtkatze", nuschelte Glückskeks, weil sie sich selbst nicht richtig hören konnte. "Ist schon witzig, oder? Tut ja nicht weh, is nur ein bißchen komisch, wenn so ein Ohr permanent in Watte gepackt sein muß bis Montag. Die Welt da draußen ist nur noch halb so laut, und man hört sich selber ein bißchen besser atmen, reden, kauen, lachen. Obs davon kommt, daß ich den Mist nicht mehr hören konnte, den die anderen teilweise erzählt haben über den besten von allen? Oder vielleicht soll ich einfach ein bißchen in mich gehen. Ich hör mich ja fast schon ein bißchen lauter denken als sonst. Vielleicht isser ja doch für etwas gut, der Wattebausch..." Die Hauptstadtkatze schaute Glückskeks ein klein bißchen verzweifelt an, weil die Musik noch ein bißchen lauter als sonst war. "Wenn du den Mist angeblich aus gesundheitlichen Gründen so laut aufdrehen mußt, wie kommts dann, daß du das Handy so schnell gehört hast, als der beste von allen angerufen hat heut abend?! Hä? Hä?? HÄ?!" Glückskeks kicherte versonnen. "Aber gut ist, Hauptstadtkatze, daß der beste von allen einen eigenen Klingelton auf meinem Handy hat, und der ist gottseidank ziemlich gut zu hören...." Den abgrundtiefen und durchdringend lauten Seufzer der Hauptstadtkatze hörte Glückskeks nicht, und sie hätte sich auch sehr gewundert, eine Katze seufzen zu hören.

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