Montag, 28. August 2006
thinking, thinking, thinking about rain, rain, rain (and other stuff)
"Es regnet", sagte Glückskeks. Ach was, dachte die Hauptstadtkatze, das isjama neu. "Also ich meine, so in mir drin, Hauptstadtkatze. Außen regnen tuts ja seit Tagen. Aber irgendwie regnets heute in mir drin. Griesgramgraue Wolken, schlammige Pfützen und allsowas. Ich weiß nicht mal wieso. Naja, ein bißchen weiß ich warum. Aber vor allem bin ich glaub ich ein bißchen ausgepowert und freu mich echt, in zwei Wochen in die Hauptstadt zu kommen, wenigstens für ein paar Tage. Ich muß tanken, glaub ich. Und bis dahin würd ich gern einfach was schönes sehen. Gute Musik hören. Fluffige Sachen anfassen. Und ein bißchen überhaupt so tun, was mir Spaß macht. Das mach ich morgen. So." Die Hauptstadtkatze freute sich und dachte, das läuft bestimmt auf ne Extraportion dieser neuen Leckerflocken aufm Frühstücksfutter morgen früh hinaus, und legte eine Gedenkminute ein für alle bemitleidenswerten Katzen dieser Welt, die diese Flocken noch nicht kannten.

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Donnerstag, 10. August 2006
remembering the towers
"Heute im Baumarkt gewesen, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks am Abend. "Nach Vorhängen gucken wollen, Krimskrams, Umzugszeugs halt, und grade durch die Vorhalle gelaufen, und das Bild auf der Großleinwand gesehen - war die noch von der WM übriggeblieben? Und den Newsticker gelesen... etwa 10 Flugzeuge geplant... kaum vorstellbare Katastrophe vereitelt... Continental-Flüge nach New York betroffen.... da ist bei mir plötzlich auch der Newsticker losgelaufen, oder besser der Erinnerungsticker.. weißt du noch, Hauptstadtkatze?" Die Hauptstadtkatze wußte noch. "Das Jahr, in dem ich vor diesen Türmen saß im Mai. Und sie fotografierte, aus diesem unmöglichen Winkel heraus, weil ich unglaublicher Foto-Laie es aufs Bild bannen wollte, was ich fühlte. Als ich da auf der Treppe saß, den Türmen gegenüber, und ich hatte schon mehr gesehen, was die Menschen so alles auf die Beine stellen können, den Kölner Dom, Venedig, whatever, sicher auch höhere Türme, aber irgendwie waren es diese Türme, die mich dazu brachten, Demut zu fühlen, als ich so da saß. Und ich war ein bißchen stolz auf die Menschen, uns Menschen, die sowas bauen können, so etwas hohes, klares, riesiges. Und ich saß da und staunte und erinnerte mich daran, wie ich sie zum allerallerersten Mal gesehen hatte und den Rest der Skyline und ich geweint hatte aus genau demselben Gefühl heraus. Und dann, im September, hatte ich wieder ein paar Tage frei, und ich entschloß mich, wieder in ein Flugzeug zu steigen, an einem klaren Morgen, am Morgen des 11. September. Und das Flugzeug hatte Verspätung, warum auch immer. Und als es endlich auf dem Weg war, und das übliche Flugzeugbrimborium in vollem Gange war, kleine Erdnußtütchen, Menschen mit Tomatensaft, Filme und so weiter, kam diese seltsame Durchsage. Daß wir umkehren müßten, nach Frankfurt zurückfliegen. Und die Leute murmelten, aber wir bekamen gesagt, neinnein, mit dem Flugzeug ist alles in Ordnung. Und die Leute murmelten immer mehr, bis gesagt wurde, due to terrorist activities we are forced.. und manche wollten dann gar nichts mehr wissen, und manche fragten weiter. Ich fragte weiter, und das Paar vor mir auch." Die Hauptstadtkatze rollte sich auf dem alten Sessel zusammen und hörte einfach zu, Glückskeks redete nicht oft darüber. "Wir fragten weiter, und wir wollten nicht glauben was wir hörten. Ein Turm getroffen, dann der zweite.. die Stewardess erzählte uns langsam mehr, ob sie nun sollte oder nicht, denn sie mußte darüber reden, wie wir auch. Wir sollten uns unauffällig umsehen, ob uns etwas ungewöhliches auffiele hier im Flugzeug... man wisse ja nie.. ja, wir könnten anrufen über das Satellitentelefon, aber bitte nur das nötigste, damit das System nicht noch überlasteter würde als schon jetzt.. schnell zuhause anrufen und hören, jetzt ist das Pentagon getroffen.. und dann konnte man nur noch warten und versuchen, das in den Kopf zu bekommen, was man gehört hatte. Man hört die junge Frau vor sich leise weinen, weil sie den ersten Anschlag auf die Türme schon in der Stadt miterlebt hatte. Man hört ein, zwei Menschen leise beten. Aber die meisten hört man nicht, es ist sehr still. Zurückkommen in einen Flughafen, der voll ist von Hunden und Maschinenpistolen und dazwischen immer wieder mal Leuten, die absolut nix kapiert hatten und deren größte Sorge war, wann der Urlaub denn jetzt losgehen konnte nach der lästigen Unterbrechung. Anrufen bei den Menschen, die man besuchen wollte, und eine liebe Stimme weinen hören vor Wut und Angst und Erleichterung, daß einem nichts passiert war. Das erstemal im Leben jemandem den Tod wünschen, wer auch immer dafür verantwortlich war. Heimfahren, Zwischenübernachtung bei den Eltern und die ganze Nacht über den Fernseher laufen lassen, die Bilder aufsaugen wie eine Sucht, sehen wollen, immer wieder, was man nicht glauben kann." Die Hauptstadtkatze war noch sehr jung gewesen damals, aber sie wußte noch von der Nacht, als der Fernseher lief und lief und immer dieselben Bilder kamen, on every channel. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn auf allen Kanälen dieselben Bilder laufen, soviel verstand auch die Hauptstadtkatze von Fernsehen. "Morgens heimfahren, kein Schlaf, und der Beschluß, einen Hauch von Normalität dadurch zu erreichen, daß man den Alltag wiederherzustellen versuchte. Urlaub cancellen, auf in den Zirkus! Und wo die Normalität sein sollte, war nur ein Zirkuszelt in Aufregung, denn es hatte eine Bombendrohung auf die Vorstellung gegeben, und da platzte ich ausgerechnet auch noch rein. Und mittendrin der beste von allen, zur Regelung der Formalitäten mit Polizei und Zirkusdirektoren und Publikum. Eigentlich, Hauptstadtkatze, war der schon immer da, wenn ich jemanden gebraucht habe. Schon damals. Wo ich noch gar nicht wissen wollte, daß ich ihn brauchte." Die Hauptstadtkatze wußte. Und dachte zurück.

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Mittwoch, 9. August 2006
surfin' the night away....
"Jessas was bin ich gesurft die letzten Tage", sagte Glückskeks zur Hauptstadtkatze, die einen neuen Lieblingsplatz in der endlich irgendwie halbwegs gestalteten Küche gefunden hatte. "Da findet man ein bißchen Holz auf der Dachterasse und denkt, prima, Anfeuerholz fürs nächste Grillen, und merkt plötzlich, es ist ein Stöckchen.. und dann gehts los. Ab aufs Brett und rein in die Wellen, bis man gefunden hat, welches Buch so rund um meinen Geburtstag rauskam. Martin Luther King veröffentlichte da anscheinend ein bißchen was, 'Wohin führt unser Weg', und das ist eine interessante Frage, Hauptstadtkatze. Wohin führt unser Weg..." Glückskeks geriet ein bißchen in seichte Gedankengewässer, und die Hauptstadtkatze lotste sie durch leichtes Fütterungsbittenstupsen ins richtige Fahrwasser zurück. "Und einer der Lieblinge meiner Kindheit, Snoopy, wurde auch wieder mal verewigt, 'You're something else, Charlie Brown' sagte Charles M. Schulz und brachte eine Comicsammlung heraus. Im Kino gruselten sich die Leute bei 'Rosemary's Baby', und Musik.... ojeoje Musik.... da reite ich ja sowieso immer gerne nächtelang die Wellen.. was da los war... die Beatles waren im Abbey Road Studio und nahmen Rocky Raccoon auf, während Hey Jude noch in den Hitparaden war. Bist du eigentlich Beatles oder Stones, Hauptstadtkatze?" Die Hauptstadtkatze war mehr Ramones, aber hörte weiter zu. "Also die Stones sangen jedenfalls Jumpin Jack Flash, und Cream veröffentlichte Wheels of Fire, und die Doors waren mit Hello, I love you am Start. Und bei all dieser Musik, nachdem Barnaard das erste Herz verpflanzt hatte und bevor Apollo 7 startete, brachte meine Mama mich in dem Krankenhaus zur Welt, in dem mein Uropa grade lag. Und der beschloß daraufhin, nicht zu sterben, sondern noch 13 Jahre länger zu leben, denn so eine Urenkelin motiviert anscheinend enorm. So, jetzt weiß ich mal wieder nicht, wohin ich das Stöckchen weiterwerfen soll. Will vielleicht irgendjemand grillen?"

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