Glückskeks und die Hauptstadtkatze

Glückskeks saß auf ihrem Balkon und schaute in die Ferne, soweit dies bei nahe gelegenen Häuserzeilen eben möglich war. Die Hauptstadtkatze saß auf dem Balkon, den sie ebenfalls für ihren hielt, und schaute auf Glückskeks. Komisch, dachte sie, ich könnte schwören, daß Glückskeks ein bißchen schielt. Und überhaupt ein bißchen komisch guckt. "Oh Mann, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks schließlich. "Oh Mann, der macht mich vielleicht wuschig. Der macht mich so wuschig, daß ich fast schon schiele, glaub ich.." Aha, dachte die Hauptstadtkatze. "Das hätte ich nun nie gedacht, daß diese ganzen Seminare und Schulungen und Dreckstermine, über die ich so gejammert habe, doch ein verqueres, seltsames Gutes haben.. Weil wenn er dann doch anruft, so in der Seminarpause, oder während der Schulung, dann muß er natürlich leise sein, und dann flüstert der so, dann flüstert der so... es ist mir ja sowas von egal, was er mir dann erzählt, ich denke dann nur, flüster weiter, bitte, flüstere einfach weiter... hach...." Die Hauptstadtkatze beobachtete mit großem Interesse das Phänomen der so genannten "Gänsehaut", das bei Menschen zuweilen auftaucht, und wunderte sich mal wieder ein bißchen und legte sich zwischen die ganzen neuen Blumen und Pflanzen und Töpfe, die so plötzlich auf dem Balkon aufgetaucht waren. "Ist schon faszinierend", sagte Glückskeks dann noch nach einer langen Pause, "ein Balkon kaum größer als ein Handtuch und dann Blumen und Zeugs für drauf gekauft für 50 Euro.. wenn das keine Frühlingsgefühle sind bei so einem bißchen Flüstern, dann weiß ich nicht.. wenn der sich nochmal so nah neben mich stellt wie letztens, dann kann ich für die Folgekosten vielleicht nicht mal mehr aufkommen. Und dabei hat er mir nur was über Albanien erzählt. Albanien!" Aber die Hauptstadtkatze interessierte sich kein bißchen dafür, wo Albanien war und was man darüber Aufregendes sagen konnte.