Sonntag, 26. Februar 2006
fortune: grant me serenity...
"Da bin ich wieder, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks. Ach was, dachte die Hauptstadtkatze, die das ja wohl gemerkt hatte. "Eine Woche mit ihm, und ich kann nicht mal anfangen, dir zu erzählen, was alles passiert ist, weil eine Woche mit ihm mir so proppenvoll gefüllt vorkommt wie sonst ein Monat oder ein Jahr. Ich weiß nur, daß ich nach dieser ganzen Woche, die ich mit ihm verbracht habe, kein einziges Mal gedacht habe, ich will jetzt mal alleine sein, oder ist jetzt mal gut mit dem, oder so doll ist der auch wieder nicht. Nach einer Woche mit ihm gucke ich ihn immer noch an, wie wenn er das größte Wunder wäre, und für mich ist er auch das größte Wunder. Ich habe Situationen erfahren, wo er kläglich versagt hat, und ich habe in Situationen gesteckt, in denen ich ihm nahe gekommen bin wie nie zuvor, und ich bin so voll von ihm, daß ich überlaufe vor Gefühlen, aber ich will nicht überlaufen, ich will sie alle behalten. Er ist jetzt im Internet verewigt auf einem Bild der doofsten Disco der westlichen Welt, und wenn er es wüßte, wär er bestimmt froh daß man ihn nur ganz hinten im Hintergrund sieht, weil wir nicht grade die Discogänger sind und wenn schon, dann nicht grade so ein Schuppen, und überhaupt nur durch die Kurskollegen dazu gezwungen wurden, nachts um halb drei auf alte 80's Songs zu tanzen, aaaah! Ich habe gelernt, daß er angeblich wie ein Schweizer aussieht und ich wie eine Amerikanerin, und daß er sich dann doch nicht traut, mit mir über seinen Vater zu sprechen, aber sich sonst geöffnet hat wie schon lange nicht mehr. Und er hat gelernt, daß ich angeblich grade nicht verliebt bin, und daß ich über den ganzen Mist Bescheid weiß, den er im letzten Jahr und davor angestellt hat, und das eine ist gut so und das andere vielleicht nicht grade. Und nach all all dem, wo bin ich jetzt am Ende dieser Woche?" Die Hauptstadtkatze hoffte sehr, sehr, daß Glückskeks in etwa einer Minute in der Küche war, neben dem Katzenfutter, aber sie hörte sehr, sehr geduldig weiter zu, weil Glückskeks dieses seltsame Leuchten in den Augen hatte. "Natürlich, ich bin wieder daheim, und ich bin grade mal wieder neben dem Telefon, weil er vielleicht anruft und ich gar nicht zu hoffen wage, daß er mich wirklich mitnimmt heute abend zu dem Konzert. Warum habe ich ihm auch die Vorlage gegeben zu diesem phantastischen blöden Spruch, wieso ich denn meine, daß ich mitgehe, daß er ja vielleicht jemand anderen mitnimmt. Prima, daß ich jetzt seit 21 Stunden rätsele, ob das ein blöder Scherz war oder doch nicht. Ganz ganz prima." Eine kleine verzweifelte dunkelgraue Wolke begann über Glückskeks' Kopf zu schweben und wanderte mit ihr in die Küche zum Futternapf, und nur die Hauptstadtkatze konnte sie sehen.

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