Donnerstag, 29. September 2005
fortune and the unknown
"Manchmal, Hauptstadtkatze", sagte Glückskeks langsam, während sie auf ihrem verglasten Balkon die letzten Sonnenstrahlen genoß, "manchmal überlege ich mir, ob es nicht besser wäre, ihn überhaupt nicht zu kennen." Die Hauptstadtkatze rollte sich auf Glückskeks' Schoß zusammen und streckte die Nase in den dicksten Sonnenstrahl. "Wenn ich ihn also überhaupt nicht kennengelernt hätte an diesem Abend, wenn er nicht reingekommen wäre im dunklen Anzug, mich nicht angestarrt hätte in dieser völlig verunsichernden Art, wenn es ihn gar nicht gäbe in meinem Leben. Wenn ich einfach weitergefahren wäre an diesem Abend, mir irgendwo was zu essen gekauft hätte, heimgefahren wäre und mir am nächsten Tag irgendeinen langweiligen Bürojob besorgt hätte, ohne Streß und Hektik und gegenseitiges Anschreien und Sich-besser-kennen-als-einem-manchmal-lieb-ist. Wenn ich nicht wüßte, daß es ihn gibt und wie er ist und wie er Kaffeebecher oder was grade da ist zerpflückt bei unangenehmen Gesprächen und wie seine Augen leuchten, wenn er von einer neuen Musik erzählt, die er entdeckt hat. Wenn er nicht irgendwann einmal vor mir gestanden hätte und gefragt hätte, ob ich mir wirklich sicher bin, daß ich aus der Hauptstadt auch wieder zurückkomme. Wenn ich nicht wüßte, daß er da irgendwo ist in der Welt und sich so endlos lange Zeit läßt, zu merken, was wir einander bedeuten könnten, oder sich vielleicht auch Zeit läßt bis in alle Ewigkeit..." Glückskeks setzte sich ein bißchen anders hin, um auch ja genug Sonne und Licht und Wärme abzubekommen für die nächsten Monate. "Aber das allerschlimmte ist ja, Hauptstadtkatze..." Die Hauptstadtkatze fühlte sich ein bißchen ertappt bei ihrem Gedankengang, die über alles geliebte Plumeria anzuknabbern, sollte das etwa das Allerschlimmste sein? "..also, das Allerschlimmste ist, so sehr ich es auch versuche, mir das vorzustellen, ich kann es einfach nicht."

... comment

 
Ja, das ist in der Tat das Allerschlimmste. Auch, wenn es im Einzelfall mehr als wohltuend sein könnte.
Aber Sie geben die Hoffnung nicht auf, auch das ist gut.

... link  


... comment