Freitag, 5. Mai 2006
new york, rio, tokioooooo....
"Und gestern nacht auf der Arbeit", erzählte Glückskeks der Hauptstadtkatze nachts auf dem baldigen Ex-Balkon, "da hat diese Mitarbeiterin von mir, die mich in die Hauptstadt hat kommen und gehen sehen, also die hat gesagt, in der Position, die ich jetzt habe, da wär es doch ein leichtes, einfach in die Welt zu gehen. Ich würd das machen, sagte sie mit ihrem ganzen 63jährigen junggebliebenen Elan, ich würd das machen. Ich würd sagen, jetzt geh ich mal zwei Jahre nach New York, und dann zwei Jahre nach Tokio, und immer so weiter. Was wär das für ein Leben, hat sie gesagt und versonnen geträumt. Und ich hab gedacht, das ist ja eigentlich, was ich mir auch immer so erträumt habe, so ein Leben in der großen weiten Welt. Und ein bißchen hab ich das ja auch schon gehabt, ich bin ja ein weitgereister Glückskeks, hab schon in vielen abgewohnten Absteigen genächtigt und mit großen Augen fremde Städte angestaunt und monatelang in einem Trailer mitten in der Prärie gewohnt, gleich bei den Tornados um die Ecke, da hab ich dich noch gar nicht gekannt, Hauptstadtkatze. Und jetzt könnt ich so weitermachen, natürlich könnt ich. Sie hält hier doch nix, hat sie gesagt, und in unserem Unternehmen ist das doch möglich. Und ich hab gedacht, wie komisch, daß ich das jetzt gar nicht mehr will grade. Wie komisch, es hält mich hier eben doch was. Du könntest Hauptstädte sehen ohne Ende, Hauptstadtkatze, und Möven und Tauben und ganz viele andere Vögel, Kolibris vielleicht oder wer weiß, vielleicht sogar Pinguine. Aber im Grunde halten mich die Krähen hier. Mich halten die Krähen. Und derjenige, an den ich dann denke. Der hält mein Herz wie einen Drachen an der Schnur, und es macht mir noch nicht mal was aus, ich flieg durchs Leben und zapple an meiner Schnur und tanze drumherum. Und er muß noch nicht mal was tun großartig. Nur da sein. Wie komisch." Die Hauptstadtkatze geriet ins Träumen, von fremden Städten und fremdartigen Vögeln und Terassen und Balkons, die die Welt noch nicht gesehen hatte, und der Welt, die die Hauptstadtkatze noch nicht gesehen hatte, und war doch eigentlich auch ganz froh, grade mal hier zu sein, neben der Plumeria und nicht allzuweit vom Freßnapf.

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